HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG)

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Was versteht man unter „Whistleblowing“?

Als „Whistleblower“ (auf Deutsch „Hinweisgeber“ genannt) wird eine Person bezeichnet, die Informationen über illegale, unethische, gefährliche oder missbräuchliche Handlungen innerhalb eines Unternehmens oder einer Organisation offenlegt. Diese Informationen werden normalerweise vom Whistleblower an die Öffentlichkeit, an Behörden oder an andere relevante Stellen weitergegeben, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und mögliche Missstände aufzudecken.

Der Begriff „Whistleblowing“ leitet sich von der Idee ab, dass die Person, die die Informationen offenlegt, in eine Trillerpfeife (englisch „whistle“) bläst, um auf das Fehlverhalten oder die Missstände aufmerksam zu machen. Oftmals sind Whistleblower Mitarbeiter oder ehemalige Mitarbeiter des betroffenen Unternehmens bzw. der betroffenen Organisation, es kann sich aber auch um andere Personen handeln, die Zugang zu vertraulichen Informationen haben (z.B. Mitarbeiter von Geschäftspartnern).

Whistleblower können sich aus verschiedenen Gründen dazu entschließen, Missstände aufzudecken:

 

  • Öffentliches Interesse: Sie glauben, dass die Informationen von öffentlichem Interesse sind und die Gesellschaft ein Recht hat, davon zu erfahren.
  • Ethik: Sie möchten das moralisch Richtige tun, auch wenn es persönliche Konsequenzen haben kann.
  • Schutz: Sie wollen mögliche Schäden oder Gefahren für die Gesellschaft, die Umwelt oder andere Menschen verhindern.

 

Whistleblowing kann jedoch für die betroffene Person mit Risiken und nachteiligen Konsequenzen verbunden sein. Dazu gehören vor allem der Verlust des Arbeitsplatzes bzw. Karriereeinbußen, wie auch soziale Stigmatisierung. Aus diesem Grund hat die Europäische Union eine Whistleblowing-Richtlinie erarbeitet. Aufbauend auf den Vorgaben dieser EU-Richtlinie sind in zahlreichen Staaten Gesetze zum Schutz von Whistleblowern erlassen worden.

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Gibt es auch in Österreich ein Gesetz zum Schutz von Whistleblowern?

In Österreich wurde das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) am 25.02.2023 formal in Kraft gesetzt. Es gilt für Unternehmen ab 50 Arbeitnehmern (§ 3 Abs. 1 HSchG).
Die gesetzlich vorgesehene Pflicht, ein internes Meldesystem einzurichten (z.B. Whistleblowing-Hotline, elektronischer Briefkasten o.ä.), ist

 

  • in Unternehmen mit einer Arbeitnehmerzahl ab 250 bis spätestens 25.08.2023, und
  • in Unternehmen mit einer Arbeitnehmerzahl zwischen 50 und 249 bis spätestens 17.12.2023

 

umzusetzen (§ 28 HSchG).

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Welchen sachlichen Anwendungsbereich hat das HinweisgeberInnenschutzgesetz?

Vom sachlichen Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzes sind gemäß § 3 Abs. 3 HSchG folgende Bereiche erfasst:

 

  • Öffentliches Auftragswesen, Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte, Finanzmärkte, Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung,
  • Verkehrssicherheit, Umweltschutz, Strahlenschutz, Produktsicherheit, Lebensmittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz,
  • Öffentliche Gesundheit, Verbraucherschutz, Schutz der Privatsphäre, Verhinderung von Straftaten nach den §§ 302 bis 309 Strafgesetzbuch (z.B. Korruption).

 

Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorschriften (z.B. Lohndumping, Arbeitszeitverstöße, Diskriminierungen, sexuelle Belästigungen, Mobbing etc.) sind vom HinweisgeberInnenschutzgesetz zwar nicht umfasst, können aber vom Unternehmen freiwillig in das „Whistleblowing-System“ einbezogen werden.

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Verbot von Vergeltungsmaßnahmen

Vergeltungsmaßnahmen (z.B. Kündigungen, Verwarnungen, Versetzungen etc.), die gegen Hinweisgeber/innen als Reaktion auf berechtigte Hinweise erfolgen, sind rechtsunwirksam (§ 20 HSchG). Das Behindern von Hinweisgeber/innen im Zusammenhang mit einer Hinweisgebung oder das Ergreifen unzulässiger Vergeltungsmaßnahmen ist gemäß § 24 HSchG mit hohen Verwaltungsstrafen bedroht (bis zu € 20.000,00, im Wiederholungsfall sogar bis zu € 40.000,00). Dieselbe Strafdrohung gilt aber auch für Hinweisgeber/innen, die wissentlich falsche Hinweise erstatten.

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Einrichtung eines internen Meldesystems

Die Einrichtung eines internen Meldesystems erfordert neben der Bereitstellung einer technischen Lösung (ITAnwendung, Hotline o.ä.) naturgemäß auch die Festlegung einer geeigneten Ansprechperson bzw. Anlaufstelle (interne Meldestelle) für die Bearbeitung der eingehenden Hinweise (vgl. § 11 und § 13 HSchG). Hierfür kann z.B. eine der folgenden Stellen (Personen) in Betracht kommen:

  • Compliance-Abteilung, Compliance-Beauftragter (Compliance Officer),
  • Antikorruptionsbeauftragter, Datenschutzbeauftragter,
  • Rechtsabteilung, Personalabteilung,
  • Ombudsstelle,
  • Bestellung eines eigenen Whistleblowing-Beauftragten,
  • Zusammenarbeit mit einem (externen) Rechtsanwalt, der als Vertrauensanwalt fungiert.

 

Aus Vertraulichkeitsgründen sollte der Personenkreis der Whistleblowing-Ansprechstelle möglichst eng begrenzt werden.

 

Beispiel: Eine pauschale Beauftragung der gesamten (z.B. aus 20 Personen bestehenden) Personalabteilung eines Großunternehmens mit der Bearbeitung von Whistleblowing-Meldungen wäre wohl suboptimal, da dies die Gefahr von Indiskretionen stark erhöhen könnte. Besser wäre daher, einzelne Personen bzw. ein kleines Team (von z.B. zwei oder drei Personalabteilungsmitarbeitern) mit der Übernahme der Whistleblowing-Bearbeitung zu betrauen.

 

Ob kapazitätsmäßig die Bestellung einer einzigen Person ausreicht (z.B. als Whistleblowing-Beauftragter, Whistleblowing Officer, Ombudsmann o.ä.) oder ob ein aus mehreren Personen bestehendes Team betraut wird (z.B. Compliance-Abteilung, Rechtsabteilung), hängt von der Unternehmensgröße ab.

 

Für Unternehmen, die die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle nicht erfüllen, ist im Gesetz zwar keine Strafsanktion vorgesehen, allerdings können sich Hinweisgeber diesfalls ohne weitere Voraussetzungen direkt an externe Behörden (z.B. Strafgericht, Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung) wenden. Um dies zu vermeiden, liegt es daher im eigenen Interesse des Unternehmens, eine möglichst leicht zugängliche interne Meldemöglichkeit zu schaffen, um allfällige Rechtsverstöße unternehmensintern abklären zu können.

 

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Was sollte man beachten, damit das Whistleblower-System auch praktisch gut funktioniert?

Es ist sehr wichtig, dass klare Verhaltensregeln betreffend die folgenden Punkte aufgestellt werden:

  • Welche Themen sind vom Whistleblowing-System erfasst?
  • Welche Vorgehensweise hat die interne Meldestelle bei eingehenden Hinweisen anzuwenden?
  • Welche Sicherheits- und Vertraulichkeitsmaßnahmen sind zu beachten?
  • Wie hat die Dokumentation der behandelten Fälle zu erfolgen?
  • Unter welchen Voraussetzungen hat ein Meldestellen-Mitarbeiter aufgrund eines Interessenskonflikts einen Whistleblowing-Fall an einen Kollegen abzutreten (Befangenheitsgründe)?
  • Welche Personen sind auf die eingegangenen Hinweise zugriffsberechtigt (i.d.R. nur die der internen Meldestellen angehörigen Personen)?

 

Derartige innerbetriebliche Regeln für das Hinweisgebersystem können beispielsweise durch eine betriebliche Richtlinie (Dienstanweisung), in Betrieben mit Betriebsrat auch im Wege einer Betriebsvereinbarung festgelegt werden.